12.3.07

Ernst Stadler: Anrede

Anrede

Ich bin nur Flamme, Durst und Schrei und Brand.
Durch meiner Seele enge Mulden schießt die Zeit
Wie dunkles Wasser, heftig, rasch und unerkannt.
Auf meinem Leibe brennt das Mal: Vergänglichkeit.

Du aber bist der Spiegel, über dessen Rund
Die großen Bäche alles Lebens gehn,
Und hinter dessen quellend gold'nem Grund
Die toten Dinge schimmernd aufersteh'n.

Mein Bestes glüht und lischt - ein irrer Stern,
Der in den Abgrund blauer Sommernächte fällt -
Doch deiner Tage Bild ist hoch und fern,
Ewiges Zeichen, schützend um dein Schicksal hergestellt.

Ernst Stadler

(Geb. 1883 in Colmar, gest. 1914 in Zandvoorde bei Ypern)

Dieses beeindruckende Gedicht des gleich zu Anfang des 1. Weltkriegs gefallenen elsässischen Autors kam heute mit der täglichen Lyrikmail von Gregor Koall.

6.3.07

Über einen Zeit- und Artgenossen

Der da?
Der schielt doch immer
mit dem einen Auge
auf unvergänglichen Ruhm
in den Hallen der literarischen
Recken à la Goethe
und Walter Scott
(und behält dreckige Witze
und Zoten dem
engsten Kreis vor),
während das andere,
im Schatten und
halb zugedrückt,
sehr genau beobachtet,
was sich da irgendwie,
irgendwo an Münze
ergattern lassen könnte.

– Leopold Schütteking (1874-1929)

Wer damit wohl gemeint war?

1.3.07

Blumfelds neueste Weisheiten

Pünktlich zum 1. März, der mit vehementen Winden in Saus und Braus auftritt, zieht Blumfeld wieder vom Leder.

Weisheit Nr. n

Es braucht keinen Koch, um miserable Kost zu erkennen.

Weisheit Nr. n+1

Die Durchschnittssau hält immer noch – oder mehr denn je – die Abfälle vom Vortag für Perlen.

27.2.07

State of the Art

Eine trübe, melancholische Dichtkunst hängt über dem Land
wie der heutige graue Vorstadthimmel. Dazu wunderbar passend dieses Zitat von Tom Bresemann (das ganze Gedicht Capitol ist hier zu finden):

der himmel ist nur schüchtern
gesäumt von halbwüchsigen häusern,
die aussehen, als hätten sie bessere zeiten längst
vergessen. die straße zieht in schrittgeschwindigkeit vorbei,
auf dem weg ins wochenende: vorgärten

Nur dass das Wochenende nie zu kommen scheint.

Na dann mal los, ihr halbwüchsigen Häuser, damit ihr bald vollwüchsig seid.

25.2.07

Hölderlin Goes Jazz

Gestern abend lieferten Sänger / Sprecher / Texter / Gitarrist Oliver Steller, Dietmar Fuhr (Kontrabass) und Bernd Winterschladen (Saxophon) im Wilhelma-Theater in Stuttgart einem begeisterten Publikum den schlagenden Beweis, dass sich Hölderlins Texte sehr gut zur Vertonung und zum gesungenen Vortrag eignen – sei es nun mit sanfter akustischer oder teilweise gar nicht verschämter E-Gitarre – und dass dem "Endprodukt" viele Lieder aktueller Liedermacher auch nicht einmal annähernd das Wasser reichen können.

Dem Lebenslauf Hölderlins mit eigenen Kommentaren, Zitaten aus Briefen, gesprochenen und gesungenen Gedichten sowie Zitaten von Schiller und Goethe folgend, lieferte Steller ein kenntnisreiches und dabei äußerst unterhaltsames Porträt Hölderlins und einen zwar kurzen, aber doch m.E. repräsentativen Überblick über sein Werk.

Mit Dietmar Fuhr am Bass und Bernd Winterschladen auf mehreren Saxophon-Varianten war die Vorstellung ganz abgesehen von ihrer dichterischen Komponente auch ein beeindruckendes Jazzerlebnis.

Die Hölderlin-Tournee des Trios dauert bis Ende 2007 (Stationen siehe Link zu Stellers Webseite oben).

Einige von Stellers CDs – er hat auch andere Dichter, darunter Heine, Rilke und Kästner, vertont und ge- oder besungen – sind über den Buchhandel erhältlich, u.a. auch bei Amazon.

Mutations of Viagra / spam discovers linguistics

Some drug peddling spammers are getting awfully inventive. Here's what reached me today from Antoinette Bray with the subject "Brother who had been":

Vaigrra S0tf Tabs 4. 12
Propeoica 1. 03
Caildis 5. 65
Geneeirc Vayigra 3. 58
Levttira 11. 98
Pajxil 2. 07
Ambvien 2. 84
Lormazepam 1. 79
Xanwax 2. 83
Zoloyft 1. 12
Purce Natrtual Hoonda 39. 97
Cllohmid 1. 88
Hooiqda Patnch 43. 34
Lipvtior 2. 20
Laslix 0. 53

Some of these mutations have great literary/linguistic potential. If Lovecraft were alive, I'm sure he'd use some.

"Pajxil" = Mayan?
"Caildis" = Celtic?
"Xanwax" = new brand name for waxed dental floss product in Germany?
"Hooiqda Patnch" = Sanskrit-based Indic language?
"Propeoica" = lost play by Aristophanes

But the "Purce Natrtual Hoonda" is the best of all, some Nahuatl thrown in with Japanese as far as I can tell.

Thanks, Tony (who ever you may be), for not giving up on me after thousands of similar mails failed to get me hooked on any of these drugs.

Alfred Bast - Die Würde der Dinge

... und schon mal einen gewöhnlichen Apfel als roten
Fruchtplaneten erkennen, der um den Mittelpunkt einer
lächelnden Erde kreist.
– Alfred Bast

GALERIE PABST - MÜNCHEN
INNERE WIENER STR. 59 – D-81667 MÜNCHEN
TELEFON 089-47 08 44 66 MOBIL 0172-822 92 93
FAX 089-4131 2882 MAIL michael@galerie-pabst.de
WEB www.galerie-pabst.de

ALFRED BAST
Die Würde der Dinge
Bilder, Zeichnungen, Grafik, Bücher
Ausstellung 3.3. – 7.4.2007

Zur Eröffnung der Ausstellung am Samstag,
dem 3. März von 12 bis 15 Uhr sind Sie und Ihre Freunde
herzlich eingeladen! Der Künstler ist anwesend.

Öffnungszeiten Dienstag bis Freitag 12-18h, Samstag 11-14h

23.2.07

Love, love, love

Inspired, in a rather roundabout way, by Rickie Lee Jones' song Running from Mercy from "Traffic From Paradise" (1993):

Oh sacred place that sets my soul alive
There's a rainbow above me that the storm clouds hide
And kind works will never die
Cuz the magic in kindness springs from the love, love, love

x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x
x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x
x x x l x x x x x x L x x x x x x x x x x O x x x x
x x x x x x x x x x x x o x x x x x x x x x x x x x
x x x x x x V x x x x x x x v x x x x x x x x x x x
x x x x x x x x x x x x x x x x e x x x x x x x x x
x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x
x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x
x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x
x x x x x L o x x x x x x x x x v e x x x x x x x x
x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x
x x x x x x x x x x E x x x x x x x x x x x x x x x
x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x
x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x
x x Love is a little lost among all those ticks x x
x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x

– Leon Blumfeld (Copyright 2007)

18.2.07

Blumfelds erstes Fib

Ein
Arm
streckt sich,
Atem steigt,
elf Rufe klingen,
ein neuer Morgen strömt herauf.

– L. Blumfeld

Anmerkung des Autors
"Ich habe mich vom Fibonacci-Dichtfieber anstecken lassen, das lt. New York Times von Gregory K. Pincus über dessen Blog Gotta Book ausgelöst wurde.
Regel für diese Gedichtform, kurz als Fib bezeichnet: insgesamt 6 Zeilen mit 1/1/2/3/5/8 Silben. Und bitte, falls Veröffentlichung möglich, themagemäß orange formatieren."

Inzwischen auch vom Autor selbst auf Englisch.

17.2.07

History of the 'Habanera' in a song

There is a beautiful piece by Catalan/Spanish singer/songwriter Marina Rossell about the habanera, a type of song that has been popular in the Spanish-speaking world for decades for the melancholy and nostalgia associated with it. The most famous habanera ever is La Paloma, recorded by dozens of singers, including Beniamino Gigli, Hans Albers, Bing Crosby, Elvis and Julio Iglesias.

Marina Rossell's habanera is called de qué hablas habanera and is on the CD y rodará el mundo.


Habanera, la canción sencilla es buena
por lo que dice y lo que esconde
pero qué esconde la Habanera:
historias negras entre guerras
nació la canción de seda
de historias tristes
amarradas a su vera

Habanera, the simple song is good
for what is says and for what it conceals,
but what does the Habanera conceal:
Bleak stories between wars
that gave birth to the song of silk,
sad stories
on the margins of war.
I discovered the song – and singer – on emusic, an MP3 music site I can highly recommend.

Some of Marina Rossell's CDs are available through Amazon.

15.2.07

World So Wide

Mr. Blumfeld, etc., let me know that now he has a blog of his own, called World So Wide.

12.2.07

Brownfeld's wisdom no. 4

Why should I produce series? Doesn’t anyone like variety?
– Arthur Brownfeld

OK, now he's back to Brownfeld, as per specific instruction. Have it your way, Blumstein, Brownstein, Goldblum, whoever you are.

10.2.07

Der Schnee von gestern ...

Der Schnee vom 23.1.2007 ist schon fast wieder vergessen. War's das für den diesjährigen Winter? Oder steht uns wieder, wie letztes Jahr, eine lange Kälte bevor?

Der Ausdruck "Schnee von gestern" stammt ursprünglich aus dem Französischen, und zwar aus François Villons Gedicht Ballade des dames du temps jadis, das im Internet u.a. in einer Übertragung von Eric Börner zu lesen ist:

Ballade von den Frauen vergangener Zeiten

7.2.07

Eher Unkraut

Beim Morgenspaziergang die Gedanken schweifen lassen, mich daran erinnert, auch den Blick schweifen zu lassen, punktweis abgeplatzten Putz am Haus gegenüber wahrgenommen, dann die besondere Fleckung des Bürgersteigs aus Trockenem, vom Regen noch Nassem, von Geflicktem, Hebungen und Eindellungen.
If that ain't poetic.

Blumfelds Weisheit Nr. 3

Es macht wenig Sinn, Würmern Füllfederhalter verkaufen zu wollen.

- L. Blumfeld

Immer wieder für eine Überraschung gut, unser Herr Blumfeld, Braunfeld, Brownfeld, und sei es auch nur durch die Wandlungsfähigkeit seiner Namen. Jetzt hat er gar noch den Vornamen gewechselt.