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17.7.07

Etwas von Richard Brautigan

Sitkomma und Creeleykomma

Es ist Frühling und die Nonne,
wie ein schwarzer Frosch,
baut ihre Dachpappenhütte
unten am See.
Wie schön sie ist
(und aussieht), umgeben
von ihren Dachpapperollen.
Sie kennen ihren Namen,
sie sprechen ihn aus.

Richard Brautigan (Sit Comma and Creeley Comma aus The Pill Versus the Springhill Mine Disaster, 1968, übertragen von Johannes Beilharz)

Über den Autor
Richard Brautigan (1935-1984) war ein amerikanischer Autor, der in seinem Heimatland zunächst mit Gedichten (!) und dann mit Romanen wie Trout Fishing in America und In Watermelon Sugar Kultstatus erlangte. Mit einer Mischung aus Witz, Skurrilem und Antikultur traf er eine Zeitlang den Atem der Zeit und eine breite "alternative" Leserschaft. In der Literaturlandschaft dürfte er eine der wenigen Ausnahmeerscheinungen sein, die mit Gedichtbänden hohe Auflagen erreichten.

Link
Kritischer Dosenöffner und weitere Gedichte von Richard Brautigan in deutscher Übersetzung

16.7.07

Morgensternsches Getier

Der Flügelflagel

Der Flügelflagel gaustert
durchs Wiruwaruwolz,
die rote Fingur plaustert
und grausig gutzt der Golz.

– Christian Morgenstern (1871-1914)

Englische Übertragung siehe Morgenstern zoology.

12.6.07

Rilke oder die Idylle der undeutlichen Erkenntnis


Ich liebe dich, du sanftestes Gesetz

Ich liebe dich, du sanftestes Gesetz,
an dem wir reiften, da wir mit ihm rangen;
du großes Heimweh, das wir nicht bezwangen,
du Wald, aus dem wir nie hinausgegangen,
du Lied, das wir mit jedem Schweigen sangen,
du dunkles Netz,
darin sich flüchtend die Gefühle fangen.

Du hast dich so unendlich groß begonnen
an jenem Tage, da du uns begannst, -
und wir sind so gereift in deinen Sonnen,
so breit geworden und so tief gepflanzt,
daß du in Menschen, Engeln und Madonnen
dich ruhend jetzt vollenden kannst.

Laß deine Hand am Hang der Himmel ruhn
und dulde stumm, was wir dir dunkel tun.

– Rainer Maria Rilke (1875-1926)

Nach Kafka – kühl und hart – kommt wieder mal Rilke, sanft und weich. In dieses Gedicht kann man hineingreifen wie in eine wohlig zergehende Knetmasse. Zieht man die Finger wieder heraus, stellt man fest, dass man nichts in der Hand hat außer einem verhallten Wohlklang von Sonnen und Madonnen und auf der Haut noch das Nachgefühl von etwas unendlich Schwummrigem.

10.6.07

Kafka / Kühl und hart


Ein Gedicht von Franz Kafka (1883-1924) – der ja weniger für Lyrik bekannt ist –, das ihn ohne Zweifel in das Umfeld des Expressionismus stellt.

Kühl und hart

Kühl und hart ist der heutige Tag.
Die Wolken erstarren.
Die Winde sind zerrende Taue.
Die Menschen erstarren.
Die Schritte klingen metallen
Auf erzenen Steinen,
Und die Augen schauen
Weite weiße Seen.

In dem alten Städtchen stehn
Kleine helle Weihnachtshäuschen,
Ihre bunte Scheiben sehn
Auf das schneeverwehte Plätzchen.
Auf dem Mondlichtplatze geht
Still ein Mann im Schnee fürbaß,
Seinen großen Schatten weht
Der Wind die Häuschen hinauf.

Menschen, die über dunkle Brücken gehn,
vorüber an Heiligen
mit matten Lichtlein.

Wolken, die über grauen Himmel ziehn
vorüber an Kirchen
mit verdämmernden Türmen.
Einer, der an der Quaderbrüstung lehnt
und in das Abendwasser schaut,
die Hände auf alten Steinen.

(Aus einem Brief Kafkas vom 9. November 1903, in dem er als Zwanzigjähriger seinem Schulfreund Oskar Pollak von "einigen Versen" schreibt, die er "in guten Stunden lesen" möge.)

29.5.07

Herr Heine schneuzt und spiegelt sich in der Elbe

Dass auch große Dichter der Vergangenheit nichts von politischer Korrektheit wussten (und vor blöden und kläglichen Pauschalurteilen nicht zurückschreckten), demonstriert dieser Schneuzer von Heinrich Heine:

Himmel grau und wochentäglich!
Auch die Stadt ist noch dieselbe!
Und noch immer blöd und kläglich
Spiegelt sie sich in der Elbe.

Lange Nasen, noch langweilig
Werden sie wie sonst geschneuzet,
Und das duckt sich noch scheinheilig,
Oder bläht sich, stolz gespreizet.

Schöner Süden! wie verehr ich
Deinen Himmel, deine Götter,
Seit ich diesen Menschenkehricht
Wiederseh, und dieses Wetter!

25.5.07

Augen in der Großstadt

Wenn du zur Arbeit gehst
am frühen Morgen,
wenn du am Bahnhof stehst
mit deinen Sorgen:
da zeigt die Stadt
dir asphaltglatt
im Menschentrichter
Millionen Gesichter:
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider -
Was war das? vielleicht dein Lebensglück...
vorbei, verweht, nie wieder.

Du gehst dein Leben lang
auf tausend Straßen;
du siehst auf deinem Gang, die
dich vergaßen.
Ein Auge winkt,
die Seele klingt;
du hasts gefunden,
nur für Sekunden...
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider;
Was war das? kein Mensch dreht die Zeit zurück...
Vorbei, verweht, nie wieder.

Du mußt auf deinem Gang
durch Städte wandern;
siehst einen Pulsschlag lang
den fremden Andern.
Es kann ein Feind sein,
es kann ein Freund sein,
es kann im Kampfe dein
Genosse sein.
Er sieht hinüber
und zieht vorüber ...
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider.
Was war das?
Von der großen Menschheit ein Stück!
Vorbei, verweht, nie wieder.

– Kurt Tucholsky (1890-1935)

Nachbemerkung
Dem ist nichts hinzuzufügen. Bei ähnlichen Gedankengängen habe ich mich im Gewühl der Stadt und der Zeit selbst oft ertappt.
Wieder mal eine Gabe, die ich der täglichen Lyrikmail von Gregor Koall verdanke.

21.5.07

Die große Sehnsucht und das große Wesen

Die große Sehnsucht

Wenn die große Sehnsucht wieder kommt,
Wird mein ganzes Wesen wieder weich.
Und ich möchte weinend niedersinken -
Und dann möcht ich wieder maßlos trinken.

– Paul Scheerbart (1863-1915)

~~~~~

Und eine Variante im Eigenbau:

Das große Wesen

Wenn das große Wesen wieder kommt,
Wird die Sehnsucht wieder groß.
Maßlos trinkend möcht ich niedersinken –
Um dann weinend wieder aufzustehn.

– Iself (© 2007)

4.5.07

Rilke berührt nichts

Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort

Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort.
Sie sprechen alles so deutlich aus:
Und dieses heißt Hund und jenes heißt Haus,
und hier ist Beginn und das Ende ist dort.

Mich bangt auch ihr Sinn, ihr Spiel mit dem Spott,
Sie wissen alles, was wird und war;
kein Berg ist ihnen mehr wunderbar;
ihr Garten und Gut grenzt grade an Gott.

Ich will immer warnen und wehren: Bleibt fern.
Die Dinge singen hör ich so gern.
Ihr rührt sie an: sie sind starr und stumm.
Ihr bringt mir alle die Dinge um.

– Rainer Maria Rilke (verfasst 1898)

Frivole Nachfrage
Und wie bitte, Herr Rilke, soll sich unsereins nun im Leben verhalten, ohne was zu berühren? Trauriges Fazit: Wir sind alle Mörder.

27.4.07

Hingerichtete Polizistin & Fremdgehwetter

Es ist eine Welt der Vielfalt,
in der wir leben.
Vor allem in der Bild,
denn hier wird gegeben

Seite an Seite
auf engstem Raum

was Ottos und Emmas
Herz begehrt,
während man genüsslich
das Frühstück verzehrt.

– Felix Morgenstern (© 2007)

Anmerkung
Die heutige Bild hatte als großen Schocker mit Riesenfoto einen Bericht über den gestrigen Mord an einer Polizistin in Heilbronn und gleich rechts daneben einen einspaltigen Kasten mit dem Titel “Fremdgehwetter”, zur Illustration begleitet von einem knappstens in grauem Feinripp verhüllten Frauenpo. Tja, und sowas schau ich mir beim Vorbeigehen an. Man muss ja schließlich orientiert sein in dieser Welt.

26.4.07

Arno Holz: In graues Grün

In graues Grün
verdämmern Riesenstämme

Von greisen Aesten
hängt
in langen Bärten Moos.

Irgendwo.. hämmernd.. ein Specht.

Kommt der Wolf? Wächst das Wunschkraut hier?

Wird auf ihrem weissen Zelter,
lächelnd,
auf mein klopfendes Herz zu,
die Prinzessin reiten?

Nichts.
Wie schwarze Urweltkröten,
regungslos,
hockt am Weg der Wachholder.

Zwischendurch
giftrot
leuchten Fliegenpilze.

– Arno Holz (1863-1929)

Dieses Gedicht stammt aus Phantasus (1898).

Über dieses Buch steht im rororo Literaturlexikon 20. Jahrhundert:

Der Phantasus, in dem H. sein neues lyrisches Prinzip in jahrzehntelangem Ringen zu bewähren versuchte, wurde sein Hauptwerk; es bezeugte die Ingeniosität und Virtuosität des Sprachkünstlers H., dessen stoffbezogener Naturalismus sich hier überraschend als Außenseite eines artistischen Enzyklopädismus erweist, wie er ähnlich für Erscheinungen des dichterischen Barock oder Manierismus charakteristisch war. (Engere Beziehungen zur Lyrik des Barock hat H. selbst früh durch seine neuschöpferischen Imitationen Dafnis erkennen lassen.) Erst in jüngerer Zeit wurde die bahnbrechende Leistung H.' unter so erweitertem Blickwinkel angemessen neubewertet und gewürdigt.

13.4.07

Schlangen und Erdbeeren | Poetron dichtet

Was auf Englisch geht, funktioniert selbstverständlich auch auf Deutsch. Vermutlich sogar besser! Also machte ich mich auf die Suche nach einer deutschen Gedichtmaschine und wurde bei Poetron fündig. Es folgen drei Gedichtvarianten, die mit dem gleichen Grundvokabular generiert wurden (Schlange / Erdbeeren / träumen / knackig):

Das Träumen der Erdbeeren

Erdbeeren würden führen.
Sie führen knackig und wütend.
Sie schreien dezent und zart.

Schlange, knackig bist auch du!

Doch was schreien, was träumen?
Die Mäuse:
Schreiende Erdbeeren!
Knackig führen die Erdbeeren,
knackig und zart.

(Gedicht Nummer 2020805)

~~~~~

Erdbeeren

Knackig niemals jedoch genial.
Sie träumen,
Sie hüpfen -
Und zeichnen den Umfang.
Ja knackige Erdbeeren!
Und Umfänge
Zu genial und Schlange ist schuld!

Gedicht Nummer 2020803

(Dass die Schlange schuld ist, geht ja ganz klar aus der Bibel hervor. Da freut diese dichterische Bestätigung!)

~~~~~

Kumpel

Es träumt der knackige Kumpel.
Träumen oder schwimmen?
Eine Antwort!
So denken die Erdbeeren.
Oh dieser Kumpel?
Kumpel in Ewigkeit!
Kumpel und du!

Gedicht Nummer 2020804

5.4.07

Peter Hille: Karfreitag

Karfreitags Krone. Heldenkönig! Einsames Haupt.
Verstoßen. Erheben
Die feige Flucht verdammender Hände.
Ein suchender führender Quell.
Wenn ich erhöht sein werde, will ich alle zu mir ziehen.
Und die Welt, die schwere Welt, die leichtsinnschwere Welt,
Fast schon oben, reißt ab, eine Wunde reißt auf,
Der Seele, Wunde des Leibes, Wunde des Todes:
Vater verzeihe ihnen, sie wissen nicht, was sie tun.
Zum schmerzlichen Hohn der Dornenkrone
Fallen kühlende Tropfen fühlender Größe.
Dem bedeutenden, einsamen Menschen an seinem Tage nahe sei,
So ist stiller Freitag, so ist Ostern
Trauerhelles Opferglück.
Abschiednehmendes Wiedersehn.

Anmerkung
Dieses Gedicht zum Karfreitag von Peter Hille (1854-1904) verdanke ich Gregor Koalls täglicher Lyrikmail. Von Hille habe ich bisher wenig gelesen; er war mir mehr in Erinnerung in Verbindung mit Else Lasker-Schüler.
Dieses Gedicht beeindruckte mich durch seine unpathetische Stärke.
"Dem bedeutenden, einsamen Menschen", eine schwächliche Zeile, die eher in einen Essay passt als in ein Gedicht, formuliert ganz eindeutig Hilles Sicht des Christus als normaler Mensch, auch wenn er ihn als bedeutend einschätzt.

24.3.07

ABC-Nonsensgedicht

Achmed
brachte
Carmen
drei
Elefanten,
fand
gleich
hinter
ihnen
Jauche,
kletterte
langsam,
mühsam
nach
oben,
pausierte,
quatschte,
ratschte,
spähte,
tat
und
versank
wedelnd.
Xundheit,
Yvonne,
zum
Ärger
öder
Übel,
ßeiß
(drum).


– Jernst Andl (Copyright 2007)

23.3.07

Das Wort ist ein Fächer

Die Lyrikmail von heute brachte Goethe, und zwar etwas, das mich aus dem riesigen Goetheschen Werk anzublitzen scheint wie ein origineller kleiner Edelstein ...
Wink

Und doch haben sie recht, die ich schelte:
Denn, daß ein Wort nicht einfach gelte,
Das müßte sich wohl von selbst verstehn.
Das Wort ist ein Fächer! Zwischen den Stäben
Blicken ein Paar schöne Augen hervor.
Der Fächer ist nur ein lieblicher Flor,
Er verdeckt mir zwar das Gesicht,
Aber das Mädchen verbirgt er nicht,
Weil das Schönste, was sie besitzt,
Das Auge, mir ins Auge blitzt.

– Johannes Wolfgang von Goethe

19.3.07

Kommen und Gehen von Klabund

Dieses gemächlich wie seine rosa Wolken schwebende Gedicht von Klabund (1890-1928) mit seinem leisen Jasminatem erweckt den Eindruck des Kommens und Gehens, indem es sich in der 2. Strophe in umgekehrter Reihenfolge wiederholt.
Die Luft ist voll von deinem Duft,
O süßer Leib du von Jasmin!
Die Uhr schlägt drei. Am Horizont
Die ersten rosa Wolken ziehn.

Die ersten rosa Wolken ziehn
Am Horizont. Die Uhr schlägt drei.
O süßer Leib du von Jasmin,
Die Luft ist voll von deinem Duft!
Es flog wiederum als Elektronikpost von der Lyrikmail ins Haus.

6.3.07

Über einen Zeit- und Artgenossen

Der da?
Der schielt doch immer
mit dem einen Auge
auf unvergänglichen Ruhm
in den Hallen der literarischen
Recken à la Goethe
und Walter Scott
(und behält dreckige Witze
und Zoten dem
engsten Kreis vor),
während das andere,
im Schatten und
halb zugedrückt,
sehr genau beobachtet,
was sich da irgendwie,
irgendwo an Münze
ergattern lassen könnte.

– Leopold Schütteking (1874-1929)

Wer damit wohl gemeint war?

27.2.07

State of the Art

Eine trübe, melancholische Dichtkunst hängt über dem Land
wie der heutige graue Vorstadthimmel. Dazu wunderbar passend dieses Zitat von Tom Bresemann (das ganze Gedicht Capitol ist hier zu finden):

der himmel ist nur schüchtern
gesäumt von halbwüchsigen häusern,
die aussehen, als hätten sie bessere zeiten längst
vergessen. die straße zieht in schrittgeschwindigkeit vorbei,
auf dem weg ins wochenende: vorgärten

Nur dass das Wochenende nie zu kommen scheint.

Na dann mal los, ihr halbwüchsigen Häuser, damit ihr bald vollwüchsig seid.

25.2.07

Hölderlin Goes Jazz

Gestern abend lieferten Sänger / Sprecher / Texter / Gitarrist Oliver Steller, Dietmar Fuhr (Kontrabass) und Bernd Winterschladen (Saxophon) im Wilhelma-Theater in Stuttgart einem begeisterten Publikum den schlagenden Beweis, dass sich Hölderlins Texte sehr gut zur Vertonung und zum gesungenen Vortrag eignen – sei es nun mit sanfter akustischer oder teilweise gar nicht verschämter E-Gitarre – und dass dem "Endprodukt" viele Lieder aktueller Liedermacher auch nicht einmal annähernd das Wasser reichen können.

Dem Lebenslauf Hölderlins mit eigenen Kommentaren, Zitaten aus Briefen, gesprochenen und gesungenen Gedichten sowie Zitaten von Schiller und Goethe folgend, lieferte Steller ein kenntnisreiches und dabei äußerst unterhaltsames Porträt Hölderlins und einen zwar kurzen, aber doch m.E. repräsentativen Überblick über sein Werk.

Mit Dietmar Fuhr am Bass und Bernd Winterschladen auf mehreren Saxophon-Varianten war die Vorstellung ganz abgesehen von ihrer dichterischen Komponente auch ein beeindruckendes Jazzerlebnis.

Die Hölderlin-Tournee des Trios dauert bis Ende 2007 (Stationen siehe Link zu Stellers Webseite oben).

Einige von Stellers CDs – er hat auch andere Dichter, darunter Heine, Rilke und Kästner, vertont und ge- oder besungen – sind über den Buchhandel erhältlich, u.a. auch bei Amazon.

10.2.07

Der Schnee von gestern ...

Der Schnee vom 23.1.2007 ist schon fast wieder vergessen. War's das für den diesjährigen Winter? Oder steht uns wieder, wie letztes Jahr, eine lange Kälte bevor?

Der Ausdruck "Schnee von gestern" stammt ursprünglich aus dem Französischen, und zwar aus François Villons Gedicht Ballade des dames du temps jadis, das im Internet u.a. in einer Übertragung von Eric Börner zu lesen ist:

Ballade von den Frauen vergangener Zeiten

1.2.07

Braunfelds Weisheit Nr. 2

Einer der treuesten - vielleicht der einzige - Leser dieses Blogs meldet sich mit einer Art Sonett zurück. Auf Deutsch zu meiner großen Überraschung. Wie er auch plötzlich seinen Namen anders schreibt (siehe früherer Post unter "Brownfeld"). Bisher ist es mir nicht gelungen, ihm Details über sich selbst zu entlocken. Derartige Fragen in meinen Mails übergeht er kommentarlos.

Streng links und zehnsilbig angeordnet

Ach wie war einst die Lyrik wohlgeord-
net! Kündete von innerstem Gefühl
des Verfassers und Reime fielen vor-
hersagbar wie Regen in den Tropen.

Und seither? Viel hat sich in den Köpfen
getan, alte Rezeptoren sterben
aus, Junge zwischen Echtem, Gefälschtem
und Imitat sind nachgerückt, es wird

gemeint, geklüngelt, ausgeschlossen wie
zuvor. Nur anders. Man eifert nach, man
glaubt sich abgesetzt, erobert neue
Themen, Generationsgefühle:

Hilft alles nix, es ist der gleiche Käs
in etwas abgewandeltem Gehäs.

- Arthur Braunfeld