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3.7.13

Franz Kafka zum 130. Geburtstag

Prometheus

Von Prometheus berichten vier Sagen: Nach der ersten wurde er, weil er die Götter an die Menschen verraten hatte, am Kaukasus festgeschmiedet, und die Götter schickten Adler, die von seiner immer wachsenden Leber fraßen.
Nach der zweiten drückte sich Prometheus im Schmerz vor den zuhackenden Schnäbeln immer tiefer in den Felsen, bis er mit ihm eins wurde.
Nach der dritten wurde in den Jahrtausenden sein Verrat vergessen, die Götter vergaßen, die Adler, er selbst.
Nach der vierten wurde man des grundlos Gewordenen müde. Die Götter wurden müde, die Adler wurden müde, die Wunde schloss sich müde.
Blieb das unerklärliche Felsgebirge. – Die Sage versucht das Unerklärliche zu erklären. Da sie aus einem Wahrheitsgrund kommt, muss sie wieder im Unerklärlichen enden.

– Franz Kafka

13.7.12

Kafka zum 119. Geburtstag

Ich bin ein Käfig auf der Suche nach einem Vogel.
(Franz Kafka)

Ein kleiner Beitrag zum Jubiläum von Franz Kafka, der vor 10 Tagen seinen 119. Geburtstag gefeiert hätte. Es ist kein Originalzitat, sondern eine Rückübersetzung aus dem Englischen.

30.3.12

Der blinde Gott

Ein Vermerk

Ein gewisser (und daher eher ungewisser) Jessiersky, ehemaliger Bordellbesitzer und nun arriviert, will einen Hundezuchtverein gründen, für den er bereits einen Namen hat: "Der blinde Gott". Ob das der Bezirksvorsteher so akzeptieren wird, ist fraglich. Jedenfalls ist er momentan in Urlaub, in Malaysia, soweit ich weiß, so dass die Sache mit Sicherheit noch eine Weile Aufschub hat. Im Bedarfsfalle muss dringend entsprechend reagiert werden.

Gez. Untermeyer

– Johannes Beilharz (© 2012)

Anmerkung
Diese Winzigkeit treibt ihr Spiel mit Franz Kafka (Auslöser waren mehrere Wikipedia-Artikel über Kurzgeschichten von F. K., z.B. der über Blumfeld, ein älterer Junggeselle) und Alexander Lernet-Holenia. So gibt es bei L.-H. in einem Roman einen Herrn Jessiersky, und "Der blinde Gott" ist eine Erzählung von L.-H. über einen Hund und seinen Herrn. Der Bogen zwischen Kafka und Lernet-Holenia spannt sich durch den Gebrauch einer bestimmten Art von Deutsch, das man fast als Beamtendeutsch bezeichnen könnte. Deshalb auch der Beamtentonus der obigen Geschichte und ihre Vorgabe, ein "Vermerk" zu sein, unterzeichnet von einem Unterteufel namens Untermeyer.

10.6.07

Kafka / Kühl und hart


Ein Gedicht von Franz Kafka (1883-1924) – der ja weniger für Lyrik bekannt ist –, das ihn ohne Zweifel in das Umfeld des Expressionismus stellt.

Kühl und hart

Kühl und hart ist der heutige Tag.
Die Wolken erstarren.
Die Winde sind zerrende Taue.
Die Menschen erstarren.
Die Schritte klingen metallen
Auf erzenen Steinen,
Und die Augen schauen
Weite weiße Seen.

In dem alten Städtchen stehn
Kleine helle Weihnachtshäuschen,
Ihre bunte Scheiben sehn
Auf das schneeverwehte Plätzchen.
Auf dem Mondlichtplatze geht
Still ein Mann im Schnee fürbaß,
Seinen großen Schatten weht
Der Wind die Häuschen hinauf.

Menschen, die über dunkle Brücken gehn,
vorüber an Heiligen
mit matten Lichtlein.

Wolken, die über grauen Himmel ziehn
vorüber an Kirchen
mit verdämmernden Türmen.
Einer, der an der Quaderbrüstung lehnt
und in das Abendwasser schaut,
die Hände auf alten Steinen.

(Aus einem Brief Kafkas vom 9. November 1903, in dem er als Zwanzigjähriger seinem Schulfreund Oskar Pollak von "einigen Versen" schreibt, die er "in guten Stunden lesen" möge.)