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5.4.07

Peter Hille: Karfreitag

Karfreitags Krone. Heldenkönig! Einsames Haupt.
Verstoßen. Erheben
Die feige Flucht verdammender Hände.
Ein suchender führender Quell.
Wenn ich erhöht sein werde, will ich alle zu mir ziehen.
Und die Welt, die schwere Welt, die leichtsinnschwere Welt,
Fast schon oben, reißt ab, eine Wunde reißt auf,
Der Seele, Wunde des Leibes, Wunde des Todes:
Vater verzeihe ihnen, sie wissen nicht, was sie tun.
Zum schmerzlichen Hohn der Dornenkrone
Fallen kühlende Tropfen fühlender Größe.
Dem bedeutenden, einsamen Menschen an seinem Tage nahe sei,
So ist stiller Freitag, so ist Ostern
Trauerhelles Opferglück.
Abschiednehmendes Wiedersehn.

Anmerkung
Dieses Gedicht zum Karfreitag von Peter Hille (1854-1904) verdanke ich Gregor Koalls täglicher Lyrikmail. Von Hille habe ich bisher wenig gelesen; er war mir mehr in Erinnerung in Verbindung mit Else Lasker-Schüler.
Dieses Gedicht beeindruckte mich durch seine unpathetische Stärke.
"Dem bedeutenden, einsamen Menschen", eine schwächliche Zeile, die eher in einen Essay passt als in ein Gedicht, formuliert ganz eindeutig Hilles Sicht des Christus als normaler Mensch, auch wenn er ihn als bedeutend einschätzt.