8.1.12

Jacques Prévert: Roboterliebe

Roboterliebe

    Ein Mann schreibt auf der Schreibmaschine einen Liebesbrief und die Maschine antwortet dem Mann an Stelle der Empfängerin und ihrer Hand
    Sie ist dermaßen perfekt diese Maschine diese Maschine zum Waschen von Schecks und Liebesbriefen
    Und der Mann, bequem in seiner Wohnmaschine sitzend, liest mit der Lesemaschine die Antwort der Schreibmaschine
    Und in seiner Träumemaschine kauft er mit seiner Rechenmaschine eine Liebesmaschine
    Und in seiner Traumverwirklichungsmaschine liebt er die Schreibmaschine die Liebesmaschine
    Und die Maschine betrügt ihn mit einem Maschin*
    Einem Maschin zum Totlachen

– Jacques Prévert

Ins Deutsche gebracht von Johannes Beilharz.

Das französische Original, L'Amour à la Robote, ist in dem Band La Pluie et le Beau Temps (1955) enthalten.

*Frz. machin (Dings, Dingsbums), mit dem Wort machine in der Schreibung fast identisch, könnte auch als männliche Entsprechung der weiblichen Maschine interpretiert werden. Es schien mir nach Rücksprache mit französischen Freunden richtig, hier im Deutschen eine männlichen Entsprechung zu erfinden, den Maschin, da dies einer der möglichen Bedeutungen dieser Wortspielerei am Französischen wohl am ehesten entspricht.

1 comment:

Anonymous said...

Jacques Prévert: Zwei Schnecken ziehen zum Begräbnis des verstorbenen Blattes

Zum Begräbnis eines Blattes
Zwei Schnecken ziehen aus.
Schwarz ist der Flor und das Gehörn
und auch das Schneckenhaus.

Der Abend ist im Herbstgewand
tiefschwarz ist die Nacht.
Doch als sie endlich da sind
ist der Frühling schon erwacht.

Die Blätter die einst tot warn
sind auferstanden schon
und die beiden Schnecken
sind sehr enttäuscht davon.

Die Sonne aber tröstet:
Sie sagt: "Nehmt Platz ihr zwei.
Vergesst, vergesst die Trauer
Und trinkt ein Bier dabei.

Genießt die schöne Landschaft
wenn ihr Lust drauf habt
dann nehmt den Bus, der nach Paris geht
Er fährt heut Abend ab.

Tragt bitte keine Trauer
ich warne euch ihr zwei.
Sie trübt das Weiß im Auge
und macht hässlich nebenbei.

Geschichten die von Särgen handeln
sind traurig und nicht schön.
Lasst Farben wieder sprechen
und Farben des Lebens wiedersehn."

Alle Tiere, Bäume, Pflanzen
singen aus vollem Hals
das Lied vom Leben und vom Sommer
und prosten abermals.

Der Abend war unglaublich schön
und als die Nacht sich legt
zieh'n die Schnecken Richtung Heimat
so glücklich und bewegt.

Weil sie so viel getrunken haben
torkeln sie durch die Nacht
Aber oben dort im Himmel
Gibt der Mond schon auf sie Acht.