Ein absurder Dialog
Nr. 1 (schnuppert): Hier stinkt’s.
Nr. 2 (schnuppert): Riecht nach Furz.
Nr. 3 (schnuppert): Ja, wirklich.
Nr. 1: Werden die Hunde sein.
Nr. 2 (sieht sich um): Sind keine da.
Nr. 3: Werden schon noch kommen.
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A blog dedicated to literature in its multivarious forms and to other forms of art (visual, film, photography)
Nr. 1 (schnuppert): Hier stinkt’s.
Nr. 2 (schnuppert): Riecht nach Furz.
Nr. 3 (schnuppert): Ja, wirklich.
Nr. 1: Werden die Hunde sein.
Nr. 2 (sieht sich um): Sind keine da.
Nr. 3: Werden schon noch kommen.
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Having read
just now
that gardening poems
have a long tradition,
here’s mine:
My wife’s thumb
is much greener
than mine, which
is why the gardening
is her doing alone
– Iself (© 2022)
Photo by Nils Stahl on Unsplash
Ich möchte dir diese rosa Wolken in der Nacht zeigen.
Du siehst aber nichts. Es ist Nacht – was kann man da schon sehen?
Jetzt bleibt mir nichts anderes übrig, als mit deinen Augen zu sehen, sagte er,
damit ich nicht allein bin, damit du nicht allein bist. Und tatsächlich
ist da nichts, da drüben, wo ich hinzeige.
Nur die Sterne drängen sich in der Nacht zusammen, müde,
wie Leute, die im Lastwagen von einem Picknick zurückkommen,
enttäuscht, hungrig, niemand singt,
mit verwelkten Wildblumen in den verschwitzten Handflächen.
Aber ich werde darauf bestehen, zu sehen und dir zu zeigen, sagte er,
denn wenn du nichts siehst, wird es so sein, als sähe auch ich nichts –
ich werde wenigstens darauf bestehen, nicht mit deinen Augen zu sehen –
und vielleicht werden wir eines Tages aus unterschiedlichen Richtungen aufeinander treffen.
Titel des griechischen Originals: Ίσως μια μέρα. Ins Deutsche übertragen von Johannes Beilharz (© 2022).
Photo by Nacho Rochon on Unsplash
Aufgelesen in der öffentlichen Bücherkiste in Walddorfhäslach.
Über diese interessante Autorin des deutschen Expressionismus (1880-1945) ist leider nur wenig bekannt – nicht einmal ihr Todestag (behördlich festgelegt). Einige ihrer Novellen wurden zwischen 1911 und 1936 in der Zeitschrift Simplicissimus veröffentlicht.
Aufgelesen im Weggebe-Bücherkasten der Lyrikhandlung am Hölderlinturm in Tübingen. Über Anton G. Leitner
– Iself (© 2022)
Was der Autor nach dem Ersinnen dieser kürzesten Ode aller Zeiten notierte:
Fiel mir vor ein paar Minuten ein, als ich bei Federico García Lorca über irgendwelche Oden stolperte.
Ist mir eigentlich komplett egal, was eine Ode ist.
Jedenfalls sind die Chancen dieses Meisterwerks, jemand anzuöden (wie dies bei Oden öfter vorkommt), eher gering.
Etwas ist in ein Gedicht
eingetreten, von dem ich weiß,
dass ich es schreiben muss, und
ich weiß nicht, wann, wie oder was
es ausdrücken wird. Wenn ich kann,
werde ich es zu dir hinführen.
Lass es von deinem Haar sprechen
oder der Sonnenflocke,
die auf deinem Fingernagel tanzt.
Aber vielleicht wird mir nicht immer
ganz in Erinnerung sein, wie ich dich jetzt sehe.
Ich habe den dunklen Klang
von etwas gehört, das mir in einen
Brunnen hineingefallen ist. Werde ich, wenn es
aufsteigt, erkennen, dass es diesem Moment entstammt?
– Gabriel Ferrater
Titel des katalanischen Originals Si puc, erschienen in: Gabriel Ferrater, Mujeres y días / Edición bilingüe, Seix Barral, Barcelona, 1979.
Aus dem Katalanischen übersetzt von Johannes Beilharz anlässlich des 100. Geburtstag seines Autors am 22.5.2022.
Copyright © der Übersetzung Johannes Beilharz 2022. Wiedergabe, Kopieren nur mit ausdrücklicher Genehmigung durch den Übersetzer.
Weitere Gedichte von Gabriel Ferrater in Übersetzung von Johannes Beilharz sind hier zu finden.
In the pitiless sky
these squeaky clean herds
A dull armpit
by Bashō & Schuyler & Iself
This haiku was written by Madlib based on input from James Schuyler – specific words from his poem The Dog Who Wants His Dinner (contained in The Crystal Lithium, published in 1972). Madlib appears to use words by haiku master Matsuo Bashō in generating its haiku. Ultimately, I myself can also claim some part of the authorship because I was the one who selected the Schuyler poem and the words to be used from it. How's that for collaboration across centuries and media?
Here’s an excerpt from a novel that tells you why.
SADHU
Oho. I thought he looked constipated the moment I saw him.
TRANSLATOR
What? What? You want me to tell him that?
SADHU
Why not? Tell him that’s probably why he’s impelled to invade other nations and massacre tribes and all of that – any student of yoga will tell you that mistreating the body leads to mental disaster. Yogic science has shown that people who hold it in are inescapably driven to behaviour like running about slashing at people, besieging towns, and frivolous acts of bravery.
TRANSLATOR
Now you’ve done it. He has those fits when he gets angry, see, he’s rolling about on the ground. Last time he did that he put a city of eighty thousand to the torch, no survivors.
SADHU
He’d be a lot better off if he shat more often. I wonder what his per week rate is.
TRANSLATOR
I’m not going to ask him, understand? He’ll kill you and all your friends and probably all the rest of Sindh too. I refuse on the grounds of conscience. It’s my job, but I refuse for the well-being of all the population of this country.
SADHU
There’s a yogic cure for constipation. Every morning, you take ...
TRANSLATOR
Shut up. Shut up. You’ve caused enough trouble for one day.
SADHU
You’d be remembered as the man who saved the world from Sikander the butcher. Get this fellow shitting right and he’ll probably go home, quiet as a lamb.
From the novel Red Earth & Pouring Rain (1995) by Vikram Chandra.
While this refers to an ancient personality (Alexander the Great), it could just as easily apply to another, more current megalomaniac who hails from Russia. The best for all of those who put cities to the torch would indeed be to go home.
Für Anastassiya Kobzina und Ilia Solovyov, in memoriam
І
Mein Großvater starb ohne ein Wort über den Krieg.
Ohne ein Wort über den Krieg starb meine Großmutter.
Über Hunger und Arbeit an der Front
Ließen sie ein paar harte Worte fallen, mehr nicht.
Der 9. Mai war der größte ihrer Feiertage,
Ihre Lieder, ihre Tränen, ohne ein Wort über den Krieg.
“Ich werde nicht reden, mein Herr!
Nie wieder, nie wieder. Wir werfen dich
Auf den Karren und dann ins Massengrab.”
Die Worte meiner Großmutter an ihrem Grab.
ІІ
In meinem Bücherregal, unter den Bombardements,
Die mit Orden bedeckte Uniform meines Großvaters,
Sein Dolch (17 Jahre alt, Schtscholkowo bei Moskau,
Dann die Nordsee, viele Tote
In diesem Land aus Eis, dann der Gesang,
Fußball, Kachowka und Kiew, die Liebe seines Lebens,
Die mich auch heute noch zum Lächeln bringt),
Die Medaillen meiner Großmutter, Tochter des Krieges
(Kindheit in der Kolchose, alles für die Front,
Und ein freundlicher Deutscher sagt “Versteck dich!”,
In der Region Winnyzja ein ganzer Winter,
Auf dem Dachboden versteckt sie sich, und die Ostarbeiter werden abgeholt.
Dann der Gesang, der Sozialismus und der Absturz
Und seine Recherchen über Stalins große Hungersnot),
Sie bleiben trotzdem zusammen, mit
Zwei Schwesterrepubliken, in den Bücherregalen,
Unter den Bombardierungen, explodieren dann.
ІІІ
Dieses Winterland ist lebendig, tief.
Kein Wort über den Krieg in ihrem gemeinsamen Grab.
Die Rakete weckt sie auf, wie sie es im Heiligtum von Babi Yar tat,
Und sie kommen aus der anderen Welt, aber ich weiß,
Sie sind nicht auf der anderen Seite, sie schließen sich
Uns an. Und meine Großmutter verharrt
Mit den Freiwilligen, und mein Großvater mit den Matrosen,
Auf unserer Seite, bei denen, die den Kosaken folgen,
Denen, die die Angst ignorieren und sich
Ungeschützt auf Panzer werfen, in der Steppe,
Wie zu den Zeiten der Hellenen, in diesem alten Land
Wo "Ruhm!" fällt, Donner auf Donner.
ІV
Dieses Winterland ist noch lebendig, so weit weg.
Mein Großvater aus Schtscholkowo kämpft,
Meine Großmutter aus Hajssyn bleibt standhaft,
Hinter ihnen der Widerhall von Dunkelheit über Dunkelheit,
Lichtern über Lichtern, Welten über Welten,
Blutig, auf den Kreuzen wachsen
Die Rosen des himmlischen Jerusalem,
Ihr Blut vereint Konstantinopel und Kiew,
Das Rubedo der wiederauferstandenen Städte,
Jahrhundert um Jahrhundert, Tempel um Tempel,
Um unseren gemeinsamen Baum zu gießen,
Auf einen Frühling hin, der endlich zu erkennen ist.
Verfasst am 7.3.2022 in Kiew
– Dmytro Chystiak
Aus einer vom Autor erhaltenen englischen Fassung mit seiner freundlichen Genehmigung ins Deutsche übersetzt von Johannes Beilharz.
Verleumdung! Verleumdung!
Die Leute verspotten mich –
die Leute lieben es wirklich
zu verleumden und zu beflecken.
Verleumdung ist mein Vater,
Verleumdung ist meine Mutter.
Wenn dein Name angeschwärzt wurde,
gehst du nach Vaikuntha –
die Bedeutung des wahren Namens
wird sich in deinem Geist festsetzen.
Es gibt so viel Verleumdung,
mein Herz ist geläutert –
mein Verleumder
schrubbt meine Kleider sauber.
Wer mich verleumdet
ist mein Freund –
mein Herz öffnet sich
jedem Verleumder.
Wer aufhört, mich zu verunglimpfen,
ist mein wahrer Kritiker –
ein solcher Anprangerer
macht mir das Leben zur Hölle.
Die Verleumdung ist
meine innig Geliebte –
Verunglimpfung bringt mich
in ihre Schuld.
Jeder
schleudert Schlamm auf Kabir –
mein Verleumder ertrinkt,
ich lande am anderen Ufer.
– Kabir (1398-1448)
Aus: Kabir – The Weaver’s Songs, ins Englische übersetzt von Vinay Dharwadker (Penguin Books India, 2003). Deutsche Übersetzung von Johannes Beilharz (© 2022).
Kabir in satirischer Stimmung. Seine Antwort auf Verleumdung erinnert an Jesus’ subversiven Rat, die andere Wange hinzuhalten.
“Ich habe zum Beispiel gelesen, daß jemand einmal einen Straßenunfall und dabei das Bewußtsein verloren hatte. Als er wieder zu sich kam, fand er sich in seinem Bette liegen, und neben dem Bette saß einer seiner Freunde, von dem er wußte, daß er seit langem verstorben sei.
‘Wie kommst du denn hierher?’ fragte er ihn. ‘Du bist doch tot!’
‘Du auch’, sagte der andere.”
– Alexander Lernet-Holenia, Mars im Widder (Erstdruck 1941, vor Auslieferung verboten)
Einer meiner Lieblingsromane, den ich gerade mit großem Vergnügen zum vierten oder fünften Mal lese.
They all sound and behave like clones who don’t even know what they’re cloning.
– Iself (2022)
Photo by Mateus Campos Felipe on Unsplash