Ich bin ein Tropfen
Ich kam aus den Meeren, ich kam aus der Sonne, ich kam aus dem Wind,
Die alle mir Urväter und Mütter sind;
Aus fallenden Zeiten, aus ewiger Nacht ein lallendes Werde,
Ein schillernder Tropfen, ein hilfloses Kind,
Geworfen auf winzigen Fleck der Erde.
Ein Häuflein Jahre des Lebens,
Gefäß des Kummers und freudig flutenden Bebens,
Ein kreisendes Stündlein vor ewiger Zeit.
O halte, Weltanfang und -ende mich immer in Demut bereit,
Ich kam aus den Meeren, aus Sonne und Wind,
Und bin nur ein Kind.
Ist es nicht immer genug:
Daß dich ein herbstlich verblutender Baum,
Hintaumelnder Vogelflug,
Entzündeter Abendwolken Schaum,
Ein schluchzend einfältiglich Lied,
Das über engende Höfe flieht,
In gottvolle Armut und Nacktheit entrückt,
Unendlich beglückt!
– Gerrit Engelke (1890-1918)
A blog dedicated to literature in its multivarious forms and to other forms of art (visual, film, photography)
28.3.09
8.3.09
Widerspenstige Göttin
Da komme ich zur Tür, klingle, und die Leute sagen, 'Was bringen Sie denn für Wetter mit?' Ich bin doch keine Göttin!Meine göttliche Nachbarin ist Fahrerin bei Hermes, und das sagte sie mir neulich – an einem Tag mit Sauwetter.
27.2.09
Vom armen alten Grillparzer
Krankenbesuche
Eine Ähnlichkeit, die ich mit Christus habe:
Nur die Weiber kommen zu meinem Grabe.
– Franz Grillparzer (1791-1872)
Diese Zeilen flatterten mir neulich per Lyrikmail ins Postfach.
Darf man da eine starke Dosis Wehleidigkeit unterstellen? Hat er diesen Selbstvergleich mit Christus nun gern oder nicht? Vermutlich war's auch bis zum Grabe noch ein bisschen Weges, denn den Griffel konnte G. ja noch rühren. Oder er hat dieses Meisterwerk mit letztem Hauche diktiert – eben einem der besuchenden "Weiber".
Ich gesteh's offen: diesem Zweizeiler bringe ich nur Abneigung entgegen. Sowas überlebt doch allerhöchstens als historisches Beweismaterial (Hypochonder oder Megalomane?).
Außerdem: andere würden sich über Frauen am Krankenbett ganz besonders freuen. Dazu bedarf es nicht einmal der Ähnlichkeit mit Christus.
Eine Ähnlichkeit, die ich mit Christus habe:
Nur die Weiber kommen zu meinem Grabe.
– Franz Grillparzer (1791-1872)
Diese Zeilen flatterten mir neulich per Lyrikmail ins Postfach.
Darf man da eine starke Dosis Wehleidigkeit unterstellen? Hat er diesen Selbstvergleich mit Christus nun gern oder nicht? Vermutlich war's auch bis zum Grabe noch ein bisschen Weges, denn den Griffel konnte G. ja noch rühren. Oder er hat dieses Meisterwerk mit letztem Hauche diktiert – eben einem der besuchenden "Weiber".
Ich gesteh's offen: diesem Zweizeiler bringe ich nur Abneigung entgegen. Sowas überlebt doch allerhöchstens als historisches Beweismaterial (Hypochonder oder Megalomane?).
Außerdem: andere würden sich über Frauen am Krankenbett ganz besonders freuen. Dazu bedarf es nicht einmal der Ähnlichkeit mit Christus.
19.2.09
Theodor Fontane: Mein Leben
Mein Leben
Mein Leben, ein Leben ist es kaum,
Ich gehe dahin, als wie im Traum.
Wie Schatten huschen die Menschen hin.
Ein Schatten dazwischen ich selber bin.
Und im Herzen tiefste Müdigkeit -
Alles sagt mir: Es ist Zeit.
– Theodor Fontane (1819-1898)
Dieses Gedicht, vom Autor 1892, also im Alter von 73 Jahren, verfasst, scheint Ausdruck einer Lebensmüdigkeit, Vorgefühl des Todes zu sein, zu dessen Reich, dem Reich der Schatten, er sich bereits zugehörig fühlt. Trotzdem lebte er offensichtlich noch etliche Jahre weiter...
Mein Leben, ein Leben ist es kaum,
Ich gehe dahin, als wie im Traum.
Wie Schatten huschen die Menschen hin.
Ein Schatten dazwischen ich selber bin.
Und im Herzen tiefste Müdigkeit -
Alles sagt mir: Es ist Zeit.
– Theodor Fontane (1819-1898)
Dieses Gedicht, vom Autor 1892, also im Alter von 73 Jahren, verfasst, scheint Ausdruck einer Lebensmüdigkeit, Vorgefühl des Todes zu sein, zu dessen Reich, dem Reich der Schatten, er sich bereits zugehörig fühlt. Trotzdem lebte er offensichtlich noch etliche Jahre weiter...
14.2.09
Paraphrase
wie talg und seife der frisch
– Karin Fellner
Wie Talg und Seife der Frisch
riecht es nach Dünger grün –
so balge und reife der Wisch –
um Duft sich zu bemühn.
Die Iris – schwarz – Giraffe
fährt zitternd die Lippen aus,
der Lyris Quarz der schlaffe –
oh fleh – er bleib zu Haus.
– Iself (© 2009)
Paraphrase eines Gedichts von Karin Fellner (gestern per Lyrikmail erhalten) und Anwendung einer soeben entwickelten Methode: man lese ein Gedicht fetzenartig, also oberflächlich und ohne Versuch, seinen etwaigen Inhalt oder seine Aussage zu verstehen, kopiere dann mit digitaler Technik ein paar Zeilen daraus und improvisiere auf dieser Basis. Dies scheint besonders gut zu funktionieren, wenn man von dem Ausgangsgedicht nicht besonders angetan ist, also ohnehin eher dazu neigen würde, es oberflächlich anzugehen, weil es einen auf Anhieb nicht anspricht. Dass dabei etwas Literarisches oder gar Sinnvolles herauskommt, ist weder unbedingt gewünscht noch garantiert.
– Karin Fellner
Wie Talg und Seife der Frisch
riecht es nach Dünger grün –
so balge und reife der Wisch –
um Duft sich zu bemühn.
Die Iris – schwarz – Giraffe
fährt zitternd die Lippen aus,
der Lyris Quarz der schlaffe –
oh fleh – er bleib zu Haus.
– Iself (© 2009)
Paraphrase eines Gedichts von Karin Fellner (gestern per Lyrikmail erhalten) und Anwendung einer soeben entwickelten Methode: man lese ein Gedicht fetzenartig, also oberflächlich und ohne Versuch, seinen etwaigen Inhalt oder seine Aussage zu verstehen, kopiere dann mit digitaler Technik ein paar Zeilen daraus und improvisiere auf dieser Basis. Dies scheint besonders gut zu funktionieren, wenn man von dem Ausgangsgedicht nicht besonders angetan ist, also ohnehin eher dazu neigen würde, es oberflächlich anzugehen, weil es einen auf Anhieb nicht anspricht. Dass dabei etwas Literarisches oder gar Sinnvolles herauskommt, ist weder unbedingt gewünscht noch garantiert.
3.2.09
Georg Trakl: An Mauern hin
An Mauern hin
Es geht ein alter Weg entlang
An wilden Gärten und einsamen Mauern.
Tausendjährige Eiben schauern
Im steigenden fallenden Windgesang.
Die Falter tanzen, als stürben sie bald,
Mein Blick trinkt weinend die Schatten und Lichter.
Ferne schweben Frauengesichter
Geisterhaft ins Blau gemalt.
Ein Lächeln zittert im Sonnenschein,
Indes ich langsam weiterschreite;
Unendliche Liebe gibt das Geleite.
Leise ergrünt das harte Gestein.
– Georg Trakl (1887-1914)
Es geht ein alter Weg entlang
An wilden Gärten und einsamen Mauern.
Tausendjährige Eiben schauern
Im steigenden fallenden Windgesang.
Die Falter tanzen, als stürben sie bald,
Mein Blick trinkt weinend die Schatten und Lichter.
Ferne schweben Frauengesichter
Geisterhaft ins Blau gemalt.
Ein Lächeln zittert im Sonnenschein,
Indes ich langsam weiterschreite;
Unendliche Liebe gibt das Geleite.
Leise ergrünt das harte Gestein.
– Georg Trakl (1887-1914)
29.1.09
Georg Heym: Alle Landschaften haben ...
Alle Landschaften haben
Sich mit Blau erfüllt.
Alle Büsche und Bäume des Stromes,
Der weit in den Norden schwillt.
Leichte Geschwader, Wolken,
Weiße Segel dicht,
Die Gestade des Himmels dahinter
Zergehen in Wind und Licht.
Wenn die Abende sinken
Und wir schlafen ein,
Gehen die Träume, die schönen,
Mit leichten Füßen herein.
Zymbeln lassen sie klingen
In den Händen licht.
Manche flüstern und halten
Kerzen vor ihr Gesicht.
– Georg Heym (1887-1912)
18.1.09
Öffne unsere Flügel
Etwas öffnet unsere Flügel.
Etwas lässt Langeweile und Kränkung verschwinden.
Jemand füllt die Schale vor uns:
Wir kosten nur Heiliges.
– Rumi (1207-1273)
Übertragung von und Copyright © Johannes Beilharz
Englische Version | Über Rumi
Etwas lässt Langeweile und Kränkung verschwinden.
Jemand füllt die Schale vor uns:
Wir kosten nur Heiliges.
– Rumi (1207-1273)
Übertragung von und Copyright © Johannes Beilharz
Englische Version | Über Rumi
2.1.09
Agents secrets / Im Fadenkreuz des Todes
Heute Abend lieh ich mir Agents secrets aus – hauptsächlich, weil ich nach Malèna mehr von Monica Bellucci sehen wollte.
Dieser belgische Film von 2004, bei dem Frédéric Schoendoerffer Regie führte, erwies sich als ein schnörkelloser Spionagestreifen, der sich durch seinen Realismus und seine Unterkühltheit angenehm von der typischen Hollywood-Ware abhebt.
Er hinterlässt insgesamt eher ein Gefühl von Melancholie und überrascht durch eine subtile Geschichte von Loyalität und Liebe in einer Umwelt, die hauptsächlich von eiskaltem Kalkül und Zynismus geprägt ist.
Bellucci ist schön wie eh und je, hat jedoch keine Gelegenheit, in einer durch Desillusionierung mit ihrem Beruf als Geheimagentin gekennzeichneten Rolle nennenswerte Bandbreite zu zeigen.
Ein Thriller, der eher düster als aktionsgepackt ist. Nur zu empfehlen.
Zu haben im DVD-Verleih oder im Handel, z.B. bei Amazon.
Dieser belgische Film von 2004, bei dem Frédéric Schoendoerffer Regie führte, erwies sich als ein schnörkelloser Spionagestreifen, der sich durch seinen Realismus und seine Unterkühltheit angenehm von der typischen Hollywood-Ware abhebt.
Er hinterlässt insgesamt eher ein Gefühl von Melancholie und überrascht durch eine subtile Geschichte von Loyalität und Liebe in einer Umwelt, die hauptsächlich von eiskaltem Kalkül und Zynismus geprägt ist.
Bellucci ist schön wie eh und je, hat jedoch keine Gelegenheit, in einer durch Desillusionierung mit ihrem Beruf als Geheimagentin gekennzeichneten Rolle nennenswerte Bandbreite zu zeigen.
Ein Thriller, der eher düster als aktionsgepackt ist. Nur zu empfehlen.
Zu haben im DVD-Verleih oder im Handel, z.B. bei Amazon.
20.12.08
Hugo Ball: Intermezzo
Intermezzo
Ich bin der große Gaukler Vauvert.
In hundert Flammen lauf ich einher.
Ich knie vor den Altären aus Sand,
Violette Sterne trägt mein Gewand.
Aus meinem Mund geht die Zeit hervor,
Die Menschen umfaß ich mit Auge und Ohr.
Ich bin aus dem Abgrund der falsche Prophet,
Der hinter den Rädern der Sonne steht.
Aus dem Meere, beschworen von dunkler Trompete,
Flieg ich im Dunste der Lügengebete.
Das Tympanum schlag ich mit großem Schall.
Ich hüte die Leichen im Wasserfall.
Ich bin der Geheimnisse lächelnder Ketzer.
Ein Buchstabenkönig und Alleszerschwätzer.
Hysteria clemens hab ich besungen
In jeder Gestalt ihrer Ausschweifungen.
Ein Spötter, ein Dichter, ein Literat -
Streu ich der Worte verfängliche Saat.
– Hugo Ball (1886-1927)
Ich bin der große Gaukler Vauvert.
In hundert Flammen lauf ich einher.
Ich knie vor den Altären aus Sand,
Violette Sterne trägt mein Gewand.
Aus meinem Mund geht die Zeit hervor,
Die Menschen umfaß ich mit Auge und Ohr.
Ich bin aus dem Abgrund der falsche Prophet,
Der hinter den Rädern der Sonne steht.
Aus dem Meere, beschworen von dunkler Trompete,
Flieg ich im Dunste der Lügengebete.
Das Tympanum schlag ich mit großem Schall.
Ich hüte die Leichen im Wasserfall.
Ich bin der Geheimnisse lächelnder Ketzer.
Ein Buchstabenkönig und Alleszerschwätzer.
Hysteria clemens hab ich besungen
In jeder Gestalt ihrer Ausschweifungen.
Ein Spötter, ein Dichter, ein Literat -
Streu ich der Worte verfängliche Saat.
– Hugo Ball (1886-1927)
Updatitis
Definition:
A recent, virulent, rapidly spreading disease.Symptoms:
You're happily working along on your computer when suddenly a window pops up informing you that update xxx needs to be installed. In some instances, the window can neither be nixed nor moved, covering up what you are working on. Moreover, it may display a message to the extent that another security leak at port xxx has been discovered, leaving you wide, wide open to potential hacker attacks.Effects and side effects:
Loss of space on your hard disk, loss of time, e.g. due to having to reboot your computer, stress, anger, anxiety, uncertainty as to what is happening to your computer and who really owns it.Remedy:
None.Most common strains:
Microsoft, Adobe, Apple, Real, WinAmp and many, many more.Suspected cause:
Massive failures to get it right the first time around.Final word of advice:
Do not believe for a minute that you are able to keep on doing whatever you were doing while update xxx is installing itself. Some people have lost their hard disks that way.
17.12.08
16.11.08
Maria Luise Weissmann: Karneval des Unbeschwingten
Karneval des Unbeschwingten
Ach, ich war mir ganz entlaufen,
Tanzte fremd im fremden Land
Und sie wollten mich schon taufen:
Einer doch den Namen fand,
Der mich rief, wie sie mich nannten
Damals, einst, vor langer Zeit...
Und ich wußte: sie erkannten
Unter dem gemalten Kleid
Doch den Fremdling, der verblieben,
Nun sich selber unbekannt.
Sein verstoßnes Herz zu lieben
Stand er rot an einer Wand.
– Maria Luise Weissmann (1899-1929)
Ein suggestives und rätselhaftes Gedicht einer Autorin, von der ich anlässlich dieses Gedichts zum ersten Mal hörte. Weiteres bei wortblume.de.
Ach, ich war mir ganz entlaufen,
Tanzte fremd im fremden Land
Und sie wollten mich schon taufen:
Einer doch den Namen fand,
Der mich rief, wie sie mich nannten
Damals, einst, vor langer Zeit...
Und ich wußte: sie erkannten
Unter dem gemalten Kleid
Doch den Fremdling, der verblieben,
Nun sich selber unbekannt.
Sein verstoßnes Herz zu lieben
Stand er rot an einer Wand.
– Maria Luise Weissmann (1899-1929)
Ein suggestives und rätselhaftes Gedicht einer Autorin, von der ich anlässlich dieses Gedichts zum ersten Mal hörte. Weiteres bei wortblume.de.
End Game
This ultrashort play by James Steerforth makes use of certain themes in Samuel Beckett’s well-known play ‘Fin de partie’ (1956), the English title of which is Endgame, for its own, hopefully somewhat amusing purposes.
The Pocket Play Series No. 1. 2007, paperback, 8 pages, $9.34, $5.00 (download). Published with Lulu. Can be ordered directly from the publisher.
The Pocket Play Series No. 1. 2007, paperback, 8 pages, $9.34, $5.00 (download). Published with Lulu. Can be ordered directly from the publisher.
21.10.08
Spamutations
In my effort to trace the latest trends and fashions in spam, I've collected a few of the messages that have come in during the last month or so.
Many of them do not seem to have any purpose at all (except to possibly annoy) because they neither advertise a product nor contain any clickable links.
Here are some shining examples:
From ner-maps-forum@maps.org:
Here's what arrived today, with the subject "Dont be left behind because of bad health":
Urgent question of the night.
That one came from my dear concerned but, alas, unknown friend Ephrayim Gordon at chriscasey03@goliat.com.
An urgent question of whatever indeed!
Many of them do not seem to have any purpose at all (except to possibly annoy) because they neither advertise a product nor contain any clickable links.
Here are some shining examples:
From ner-maps-forum@maps.org:
kirkFrom part1.07050000.05040004@rivieramaya-today.com:
dirk lucky
bobFrom jackflash4x@northstate.net:
wei-ning havivah
ritaFrom heathiaarethan3os@ms18.hinet.net:
elvira dan
hokFrom herbert.b.knight.51@alum.dartmouth.org:
harkin gino
evieNice collections of names, I must admit. Perhaps I should continue collecting these spams and some day put together a book of first name suggestions for parents to be.
olaf chance
Here's what arrived today, with the subject "Dont be left behind because of bad health":
Urgent question of the night.
That one came from my dear concerned but, alas, unknown friend Ephrayim Gordon at chriscasey03@goliat.com.
An urgent question of whatever indeed!
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